Frauen und Männer leben in unterschiedlichen Lebensentwürfen und treffen unterschiedliche Entscheidungen. Ein Rollenklischee? - Nein! Das beweisen Studien. Aus dieser Erkenntnis ist Gender Marketing entstanden. Doch es birgt Fallen. - Erfahren Sie in diesem Artikel, was Gender Marketing gerade heute wirklich bedeutet und wie es Ihren Marketingansatz reformieren kann.
Definition Gender Marketing – Darum geht es
Für Online Marketer ist die Denkrichtung über verschiedene Geschlechter nichts Neues. Personas lautet der Fachbegriff, der hier längst zum Einsatz kommt, um eine möglichst individuelle Ansprache an potenzielle Kunden zu leisten. Aber diese Online-Diversität geht weit übers pure Gendern hinaus.
Was jedoch ist genau
gender based marketing
in a diversified and gender-specific sales environment?
Der Begriff Gender ist derzeit in aller Munde. Aber vielfach unter anderen Zusammenhängen. Deshalb hier die gängige Marketing-Definition:
Gender-Marketing ist ein Ansatz zur Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen, der zum einen der Entwicklung und Herstellung dient, zum anderen auf Bewerbung und Verkauf von Produkten und Dienstleistungen abzielt. Dabei werden nicht zwangsläufig traditionelle Geschlechterrollen und Stereotype verstärkt, sondern stellenweise neue Entwicklungen und Identitätsentwürfe berücksichtigt, die per Marketing unterschiedliche Vorteile für Männer oder Frauen herausstellen.
(Quelle: Wikipedia)
Das klingt gut, wie ein echter Vorteil:
Gender-Marketing als Herausstellen unterschiedlicher Vorteile.
Aber hier liegt eben auch der böse Nachteil dieser guten Idee…
Weiß man wirklich, was für Andere von Vorteil ist?
Weiß es ein Geschlecht vom anderen?
Wenn ja, dann sicher nur durch eine gute Kenntnis der Persönlichkeiten, für die man hier formuliert.
Anders gesagt: Sie können mit Marketing nur Persönlichkeiten erfolgreich erreichen, die Sie wirklich kennen und recherchiert haben.
Wenn nein? - Dann unterlaufen die gleichen Fehler, wieder und wieder.
Dann unterliegt man im Marketing Klischees und Glaubenssätzen.
Wie W&V eindeutig postuliert:
Gender Marketing geht davon aus, dass Frauen und Männer unterschiedliche Konsumbedürfnisse haben und Kaufentscheidungen unterschiedlich treffen. Von Gender Marketing spricht man, wenn ein Unternehmen Geschlechtsspezifität in seinen Marketingstrategien aufgreift.
Bei Umsetzung dieser Geschlechter-Spezifität ist Vorsicht geboten!
Ein Beispiel sind bereits die frühen, typisierten Darstellungen der Werbeclips in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Wurde damals die patriarchale Darstellung der Geschlechter-Rollen noch als amüsant oder stimmig wahrgenommen, wäre heute bei so viel Gender-Klischee ein Shitstorm garantiert.
Buyer Personas im Wandel der Zeit – gut oder daneben?
Viele Beispiele zeigen, wie aktives Zuhören und Analyse den Erfolg von Gender Marketing und damit Personas fundamentieren bzw. weniger genaues Hinhören dies verhindert.
Mediamarkt und McDonalds wollten beide ihr Image eines männlichen Ladens aufbrechen. Beide versuchten, den Anforderungen der weiblichen Kunden gerecht zu werden...
- Der Technik-Riese griff statt Recherche tief in die Klischeekiste und schuf eine Frauenzone, die einen Ort der Begegnung und des Austausches mitten im Markt bilden sollte. Eine Oase, ausgestattet mit typisch weiblichen Farben und Elementen.
Frauen hassten die Idee einer Sonderzone. Die Vorurteile brachen der Initiative das Genick. - Ganz anders der Fastfood-Gigant.
Durch Befragungen und intensive Analyse fand man Produkte, die aus weiblicher Sicht im Restaurant fehlten.
So entstand das McCafé, dessen Erfolg sich auf die Meinung und Denkweise der Kundinnen stützt.
Aber besuchen deshalb das Café nur Frauen?
Analyse Ihrer Personas - brauchen Sie mehr Gender Marketing?
Eine Frage entscheidet das:
Gibt es berechtigte Gründe, Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung in Gender-Linien zu unterteilen?
Das heißt:
- Wozu ist das Produkt bzw. die Leistung gedacht? - und
- Welche tatsächlichen, geschlechtsspezifischen Bedürfnisse sind unterscheidbar?
Wer keine spezifischen Unterschiede in Bedarf, Nutzen und Wahrnehmung des eigenen Produktes findet, der ist dazu verdammt, beim Gender Marketing in der Klischeefalle zu landen. Wer dennoch einen Versuch wagen möchte, sollte sich eher auf solide Daten stützen, als auf ein Bauchgefühl.
Sonst teilt man eine Erfahrung der Marketer bei Edeka, die 2013 ihre Bratwurst-Packungen in Frauen- und Männer-Würste einteilten.
Das Grillen wurde dadurch für Frauen zwangs-emanzipiert.
Verpackungen in pastell bzw. schwarz und Argumente, wie kräftig gewürzt versus fettarm-zart betonten die angeblichen Interessen. Sie explodierten schließlich öffentlich im Gesicht der Köpfe, hinter diesem mageren Marketing-Versuch.
Für Edeka ging es danach in den sozialen Medien um die Wurst.
Persona-Denken - 4 Dimensionen im Gender Marketing
Die Marke Gillette weiß: Körperpflege unterliegt einer sehr individuellen Betrachtung, die durch Moral und Rollenklischees unserer Gesellschaft zusätzlich beeinflusst wird.
So eine Erfolgsmarke lauscht deshalb sehr genau den verschiedenen Stimmen verschiedener Konsument*innen und leitet daraus erfolgreich die Gestaltung und Präsentation ihrer diversen Produktlinien für Rasierer ab:
Rasur als Intimpflege ODER alltägliche Funktionalität.
Das Unternehmen Gillette bezeichnet diesen Schritt heute als zukunftssichernd. Bei der Umsetzung wurden und werden dabei alle vier Ansatzpunkte erfolgreichen Gender Marketings genutzt. Denn als komplexes Prinzip betrifft der Gender-Aspekt
- das Produkt
- die Botschafter, Macher, Stellvertreter, davor und dahinter
- den Point of Sale inklusive Design
- sowie die Ansprache per Marketing.
Wir fragen uns, werden Gillette und andere Unternehmen auch in Zukunft die Zeichen der Zeit erkennen?
Neue Persona-Transformation - Diversität statt Dualität
Erfolgreiches, individualisiertes Marketing braucht auch künftig Rücksicht auf unterschiedliche Wahrnehmungen.
Und in gewisser Weise hat hier die Realität die Debatte über die Geschlechter überholt. Während vielfach noch von Mann und Frau die Rede ist, wird diese Unterteilung selbst zum binären Klischee. Dagegen stehen neue, non-binäre Lebensentwürfe.
Vor allem die gerade heranwachsende Generation (13 - 25 Jahre) lebt die Gender-Diversität und betrachtet das Geschlecht längst nicht mehr als grundlegende Weggabelung für die Lebensgestaltung.
Das bedeutet:
Die Unterschiede von männlich und weiblich bestimmen sich immer weniger durch das biologische Geschlecht. Immer mehr durch soziale Bedingungen, Wertvorstellungen und die Wahrnehmung der Lebenswelt. Daran glauben die zukünftigen Konsumenten.
Ein Marketing, das Rücksicht auf unterschiedliche Wahrnehmungen nimmt, ist daher richtig.
Buyer Persona & Post Gender Marketing: Alles bleibt im Wandel
Ab jetzt werden immer mehr Angebote, Marken und Produktdesigns gefragt sein, die sich jenseits der klassischen Dualität bewegen. Hersteller reagieren auf die neuen, nicht-binären Bedürfnisse mit Post-Gender-Marketing.
Ihre Produkte zeichnen sich dabei durch eine hohe Modifizierbarkeit, Individualisierbarkeit und Funktionalität aus, statt durch gegendertes Design für Männer und Frauen.
Mehr erfahren: Website erstellen: Was ist UX Design? Und was ist UI Design?
Angebote, die frei von althergebrachten Geschlechter-Konnotationen sind, finden sich bereits in der Modebranche, im Spielwaren- oder Technikbereich sowie bei verschiedenen Dienstleistungen:
- Professorin Susanne Stark, Expertin für Marketing und Gender an der Fachhochschule Bochum, verweist als Positivbeispiel auf die Baumarktkette Hornbach. Das Marketing zeigt moderne Männer und Frauen beim realitätsnahen Handwerken.
- Ebenso als gleichwertig behandelt Bosch Handwerker beider Geschlechter. Hier gibt es zwar extra Produktpakete für valide weibliche Bedürfnisse. Aber Farbgebung und Werbekonzepte blieben Bosch-typisch, die Geschlechter damit gleichwertig.
- Progressive Friseursalons werben zunehmend mit nicht-binären Preisen, die sich ausschließlich nach dem geleisteten Service und nicht etwa dem Geschlecht des Kunden richten. Jenseits von Gender-Design spricht dieses Konzept den Kunden als Individuum an – und nicht als Frau oder Mann.
Diese individuelle Ansprache ist eine Idee, die sich durchsetzt. Und wie sich zeigt, ist sie sehr verwandt mit den Grundgedanken des Inbound Marketings.
Als nächstes? - Mit Personas allgemein Individualansprache etablieren
Zielgruppen und Wunschkunden individuell ansprechen – aus diesem Anspruch entwickelte sich die Inbound Marketing Idee. Das Gender Marketing entstand ähnlich und kann sich erheblich auf Ihr Online Marketing auswirken. Die betrifft verschiedene Bereiche, allen voran die
- Customer Journey
- Customer Experience
- Corporate Identity
- oder Usability
Grob gesagt besteht online die Möglichkeit, Bestands- Neu- sowie Wunschkunden sehr individuell zu begegnen. Das bedeutet: Einkaufserlebnisse anpassen… - Unterschiede anerkennen... - Community und Dialog pflegen... - Hier ist Gender-Diversität tatsächlich möglich.
Inbound Marketing geht dabei über die klassische Zielgruppe hinaus. Hier wird das Modell eines idealen Klienten, einer idealen Kundin, als Persona bezeichnet.
Mehr erfahren: Was ist eine Buyer Persona?
Personas basieren als Modelle auf realen Erkenntnissen, Umfragen, Verhaltensmustern, bekannten Motivationen und Zielen von Kunden.
Mehr noch: Im Gegensatz zu einer Zielgruppe, hat eine Buyer Persona ein konkretes Gesicht. Und in Verbindung mit Ihrem ICP - ein Idealkunde oder Ideal Customer Profile - entsteht so wachsendes Verständnis für echte Kunden.
Personas machen eine Ansprache von Individuen deshalb greifbarer. Allerdings benötigen Personas eine solide Basis aus Fakten. Deshalb wird eine Persona auch niemals fertig bzw. vollendet sein. Menschen verändern sich – also muss sich auch ihre Beschreibung ändern.
Aber Personas sprengen den Klischeerahmen, auch weil sie sich nicht auf einzelne Parameter beschränken, sondern Umfassendheit anstreben. Deshalb empfiehlt sich ein Dreiklang aus:
- ICP,
- einem Buying Center, das individuelle Ansprache pflegt
- und sich auf solide recherchierte Buyer Personas stützt
Mit diesen Faktoren gelingt individualisiertes Marketing.
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Eine Gefahr bleibt:
- 88 Prozent der männlichen und 76 Prozent der weiblichen Marketer glauben bereits, dass sie bei ihrer eigenen Werbung auf Geschlechter-Stereotypen verzichten würden. Eine Befragung unter Konsumenten zeigte das Gegenteil. Marketer und Werber glauben zwar, dass sie überholte Klischees nicht reproduzieren, tun in ihrer alltäglichen Arbeit aber genau das.
(Quelle: KANTAR - Studie AdReaction - Getting Gender Right)
Schuld sind harmful gender stereotypes - Klischees, die für unser Bewusstsein unsichtbar wurden. - Die Anerkennung menschlicher Individualität reicht also nicht aus. Marketing braucht ein Eichmaß, wenn es nicht an seinen Zielpersonen vorbei wirken soll.
Die Lösung: Personas machen andere Denkweisen nachvollziehbarer und verständlicher. Sie bieten eine Richtschnur, um das eigene Denken an dem potenzieller Kunden auszurichten.
Fazit
Gender Marketing ist komplex, wird dadurch aber der wachsenden Komplexität des modernen Lebens gerecht.
Denn Rollenklischees und Stereotype unterliegen Veränderungen, lösen sich auf und vermischen sich. Eine neue, veränderte Gender-Wahrnehmung prägt die Gesellschaft heute und in der Zukunft.
Marketing steht dadurch vor der Herausforderung, mehr Gender-Vielfalt zu berücksichtigen und weniger Klischees einsetzen zu können.
Die Gender Marketing Strategie kann dennoch ein sehr erfolgversprechendes Konzept sein, sofern die Voraussetzungen dafür stimmen:
- Bietet das Produkt keine differenzierten Vorteile, eignet es sich auch nicht für Gender Marketing. Zudem müssen Verantwortliche darauf achten, keine Klischees zu bedienen, um die potentiellen Kunden nicht gegen sich aufzubringen.
- Im Vorfeld müssen die Ansprüche und Wünsche der Kunden möglichst exakt ermittelt sein. Nur so lässt sich entscheiden, ob eine speziell auf Geschlechter ausgerichtete Werbekampagne überhaupt sinnvoll ist.
- Wer sich beim eigenen Gender Marketing
- nachhaltig an die Anforderungen nach mehr Gender-Diversität hält
- seine Personas auf Basis von Analysen entwickelt
- und Wunschkunden zuhört, statt nach starren Vorstellungen zu verfahren
hat gute Chancen, Kund*innen aller Hintergründe so anzusprechen, wie es dem Zeitgeist entspricht.
Wie Sie den Kern Ihrer Personas definieren können, zeigt Ihnen diese Checkliste.
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